Der mittelalterliche Fernhandel

Volltext

[S. 88] Die Zeit der Hohenstaufen und der Kreuzzüge.

Zu dem Güteraustausch zwischen Stadt und Land gesellte sich, größtenteils als Folge der Kreuzzüge und der nordöstlichen Kolonisation, ein internationaler Großhandel. Die deutschen Kaufleute vermittelten den Verkehr, der vom südlichen zum nordlichen Mittelmeere, vom Orient nach Skandinavien und England, vom hochentwickelten Südwesteuropa zum aufstrebenden Nordosteuropa führte. So gingen z. B. die Waren von Italien1) (Venedig, Genua usw.) nach den Süddeutschen Stapelplätzen2) (Augsburg, Ulm, Regensburg u. a.), dann rheinabwärts über Mainz und Köln nach England, über Nürnberg und Lübeck nach Skandinavien, über Magdeburg nach dem slavischen Nordosten usw. Ein reger Handel der das Donautal (Regensburg, Wien) benutzte, verband die oberdeutschen Städte mit Ungarn, den südslavischen Ländern und Byzanz. – Der Großhandel hatte auch den Geldverkehr und das Kreditwesen im Gefolge. Da aber nach kirchlicher Auffassung das Zinsnehmen unstatthaft war, kamen die Darlehnsgeschäfte größtenteils an die Juden.



1   Wie sehr die Entwicklung des Handels unter Italienischem Einflusse stand, beweisen die noch heute üblichen kaufmännischen Fachausdrücke, z. B. Konto (Zusammenstellung, Rechnung), Agio (Ausgeld) Lombard (Pfand) usw.
2   Das „Stapelrecht“ einer Stadt umfaßte zunächst die Pflicht der fremden Kaufleute ihre Waren am Stapelort mindestens drei Tage lang feilzubieten, ferner das Umschlagsrecht d. h. das Recht der Weiterverfrachtung der zugeführten Güter durch das einheimische Transportgewerbe.