Der Mittelmeerraum als Wiege der kulturellen Identität Europas

Volltext

Die Kulturen des Mittelmeerraums im 12. Jahrhundert

Am Mittelmeer zeichnet sich im 12. Jahrhundert der Bruch zwischen dem aufstrebenden Okzident und dem zunehmend gespaltenen und sich abschwächenden Orient ab. Der Mittelmeerraum bleibt aber weiterhin ein Raum des Austauschs, der die Bewahrung einer natürlich und historisch gewachsenen, gemeinsamen Identität, einer urbanen und kosmopolitischen Kultur mit singulärer Lebensart begünstigt. Zu Beginn der Expansion, die für zwei Jahrhunderte die Vorherrschaft des Okzidents im Mittelmeerraum sichern wird, erweisen sich die jahrhundertealten kulturellen Bindungen allerdings als fragil. Die alten Zentren des Kulturaustauschs, Sizilien und Spanien, führen einen schwierigen Dialog fort. Die Besiedlung von Syrien-Palästina durch Abendländer im Orient spiegelt den Niedergang des Byzantinischen Reichs und den Rückzug der Araber wider.


Bildlegende:

Krönungsmantel des normannischen Königs von Sizilien Rogers II. (1105-1154).
Dieser in Palermo gewebte Seidenmantel zeigt als Ornamente eine Palme und zwei Löwen, die Kamele erschlagen. Er ist mit Goldfäden durchwirkt und mit Edelsteinen besetzt. Eine entlang des Saums aufgestickte arabische Inschrift weist auf die Fertigungsbedingungen durch sizilianisch-arabische Künstler und auf das Fertigungsdatum hin: 528 (Jahre der Hedschra: mohammedanische Zeitrechnung) und 1133 (christliche Zeitrechnung). - Kunsthistorisches Museum, Wien

Übersetzung: Isabelle Quillévéré