"Churchill, Rede Zürich (19. September 1946)"

Kommentar

Die Rede des ehemaligen britischen Premierministers ist im Arbeitsteil des Schulbuchs in Auszügen und in deutscher Übersetzung abgedruckt. Der Arbeitsteil ist durch farbiges Papier vom Darstellungsteil klar abgehoben. Er bietet Arbeitsmaterialien wie Quellen (Berichte, Urkunden, Redetexte, Verträge) oder Auszüge aus der Forschungsliteratur. Das Schulbuch ist weitgehend ohne Bilder und Graphiken gestaltet, lediglich in den darstellenden Teil eingerückte und durch Rahmen hervorgehobene Jahreszahlen bieten zusätzliche Orientierung zu den Überschriften und der grundsätzlichen Unterteilung in Darstellungs- und Arbeitsteil. Die Rede ist im Darstellungsteil dem Kapitel "Weltpolitik nach 1945" zugeordnet und wird in dem Abschnitt „Grundzüge der internationalen Politik“ unter der Überschrift „Die Westintegration der Bundesrepublik“ eingeführt. Der Abschnitt behandelt die Sicherheitsbedürfnisse der europäischen Staaten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und das Ringen der Bundesrepublik um europäische Integration, politische Anerkennung und Souveränität ausführlich.

Die Rede wird in den Kernauszügen zitiert, die die Motive der Alliierten unterstreichen. So verband Churchill mit der Reorganisation und Einigung Europas die Erwartung, das durch den Zweiten Weltkrieg entstandene Machtvakuum durch eine föderale Struktur der europäischen Staaten unter Führung Frankreichs zu beenden. Die Einhegung Deutschlands in ein „föderales System“ kam den Sicherheitsinteressen der Nachbarländer und dem Erfordernis, das deutsche Industriepotential zu nutzen, ebenso entgegen wie den Überlegungen der Alliierten, eine stabile westeuropäische Nachkriegsordnung in der sich abzeichnenden Blockbildung zu etablieren. Die gekürzten Redeteile beziehen sich auf das Bild des christlichen Europa mit gemeinsamen Traditionen und Werten, die bis in die Antike reichen. Nicht zuletzt dieser Topos und die Verweise auf das Leiden der Bevölkerung unter den Folgen der beiden Weltkriege und auf Begriffe wie die europäische Familie machen die emphatische Wirkung der Rede aus. Dieser Eindruck klingt allerdings auch in den abgedruckten Redeteilen nach. Entfallen sind Bemerkungen, die deutlich machen, dass es Churchill nur um eine Neuordnung Kontinentaleuropas ging. Großbritannien sah Churchill keineswegs als Mitglied der „Vereinigten Staaten von Europa“. Mit seinem Commonwealth of Nations biete es vielmehr ein Beispiel dafür, dass ein Zusammenschluss von Staaten die Weltorganisation der Vereinten Nationen nicht bedrohe.

Susanne Grindel

Literatur:

Kitzinger, Uwe, Großbritannien, das Commonwealth und Europa, Hannover 1963.

Schubert, Klaus v., Wiederbewaffnung und Westintegration: die innere Auseinandersetzung um die militärische und außenpolitische Orientierung der Bundesrepublik 1950-1952 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte; 20), Stuttgart 1972.

http://www.europa-union.de/fileadmin/files_eud/PDF-Dateien_EUD/Allg._Dokumente/Churchill_Rede_19.09.1946_D.pdf

http://www.cvce.eu/